Offener Brief: Arbeits- und sozialrechtliche Lage von Künstler*innen nachhaltig verbessern

Offener Brief der ARGE Kulturelle Vielfalt (Österreichische UNESCO-Kommission) an Herrn Vizekanzler und Bundesminister für Kunst und Kultur Andreas Babler – Wien, am 28. Oktober 2025

Sehr geehrter Herr Vizekanzler und Bundesminister für Kunst und Kultur Babler!

Wir müssen reden.

Nicht erst seit gestern fordert die ARGE Kulturelle Vielfalt die Verbesserung der sozialen Lage von Künstler*innen und in der Kultur Tätigen. Ein vielfältiges, kulturelles Leben kann nur dann florieren, wenn jene, die in der Kultur arbeiten auch abgesichert sind. Die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung Vielfalt kultureller Ausdrucksformen verankert deshalb soziale und wirtschaftliche Rechte als Kernbereich der Kulturellen Rechte. Die Umsetzung der Konvention ist kein Schönwetter-Vielleicht-Programm, sondern verpflichtend.

Noch bevor das Versprechen aus dem Regierungsprogramm zur Einrichtung der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) eingelöst wurde, steht mit der Gesetzesänderung zur Abschaffung des Zuverdienstes zum Arbeitslosengeld eine konkrete Verschlechterung bevor. Durch die neue Regelung werden existenziell betroffene Personen aus dem Arbeitsmarkt und in die Sozialhilfe gedrängt. Die geplante Änderung verkennt, dass einzelne Aufträge, Auftritte und geringfügige Engagements in der Kunst- und Kulturszene eine arbeitsvermittelnde Funktion haben und diese Präsenz und berufliche Aktivität dazu beitragen, wieder in die Vollversicherung zu gelangen. Beschäftigungen in Kunst und Kultur werden zudem in der Regel nicht über das AMS ausgeschrieben oder vermittelt, sondern erfolgen oftmals durch gezielte Anfrage einzelner Künstler*innen oder über die Suche und Vergabe in eigenen Netzwerke.

Wir sind uns alle einig: Unsere Gesellschaft braucht Kunst und Kultur. Und Kunst und Kultur brauchen faire Bezahlung und bessere soziale Absicherung. So auch das klare Bekenntnis im Regierungsprogramm. Soziale Absicherung von in der Kultur Tätigen ist die Schlüsselstrategie, damit alle Menschen langfristig an einem vielfältigen, kulturellen Leben teilhaben können. Nun gilt es, diese Strategie auf allen politischen Ebenen zu verwirklichen.

Wir appellieren an Sie, umgehend erste Treffen der angekündigten interministeriellen Arbeitsgruppe einzuberufen, um einerseits die im Juni beschlossene Gesetzesnovelle noch vor deren Inkrafttreten zu reparieren. Ein Nicht-Eingreifen wäre langfristig weitaus kostspieliger als eine Abänderung der Novelle. Und andererseits, um alle Kräfte zu bündeln, damit die arbeits- und sozialrechtliche Lage von in der Kultur Tätigen nachhaltig verbessert wird.

Das Einberufen der IMAG zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein starkes Signal, dass Expertise aus dem Sektor gehört wird und die Verbindlichkeit zum Fairness-Prozess glaubwürdig vertreten wird.

Die Empfehlungskataloge der ARGE Kulturelle Vielfalt sind lang, die Vorschläge präzise und anwendbar. Wir erwarten Ihre Antwort und stellen unsere Expertise für die interministerielle Arbeitsgruppe gerne zur Verfügung.

Die Unterzeichner*innen:

Anja Malich & Werner Richter, Forum Literaturübersetzen Österreich
Andrea Glauser, Institut für Kulturmanagement und Gender Studies, mdw
Daniela Koweindl, IG Bildende Kunst
Dilan Şengül, D—Arts, Projektbüro für Diversität
Eva-Maria Bauer, Österreichischer Musikrat
Franz Otto Hofecker
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Kulturrat Österreich
Kurt Brazda, AAC, Verband Österreichischer Kameraleute
Yvonne Gimpel, IG Kultur Österreich
Zahra Mani, ACOM – Austrian Composers’ Association
Zora Bachmann, Dachverband der Filmschaffenden

Offener Brief bei: ARGE Kulturelle Vielfalt

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